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Endnotiz zu Thukydides
Deutsch
Gotisch
Handschrift

𐍋𐌺 𐌻𐌰𐍃 𐌸𐍉 𐍅𐌰𐌿𐍂𐌳𐌰 𐌸𐌹𐌶𐍉 𐌱𐍉𐌺𐍉
Ik las þo waurda þizo boko
Ich las die Wörter von diesen Büchern
𐌷𐌴𐌻𐌴𐌽𐌹𐍃𐌺𐌰𐌹𐌶𐍉𐍃 𐌾𐌴𐍂𐌰𐌼𐌴𐌻𐌴𐌹𐌽𐌰𐌹𐍃
heleniskaizos jerameleinais
über griechische Geschichte [„Jahreschrift“]
𐍋𐌽 𐌸𐌰𐌼𐌼𐌰 𐌼𐌴𐌽𐍉𐌸 𐍃𐌰𐌹𐌷𐍃𐍄𐌹𐌽 𐌸𐌹𐍃 𐌾𐌴𐍂𐌹𐍃:
in þamma menoþ saihstin þis jeris:
im sechsten Monat von diesem Jahr:
𐌸𐌿𐍃𐌿𐌽𐌳𐌹 𐌽𐌹𐌿𐌽 𐌷𐌿𐌽𐌳𐌰𐌹 𐍄𐌰𐌹𐌷𐌿𐌽 𐌿𐌽𐍃𐌰𐍂𐌹𐍃 𐍆𐍂𐌰𐌿𐌾𐌹𐌽𐍃:
þusundi niun hundai taihun unsaris Fraujins:
[ein] tausend neun hundert zehn unseres Herrn:
𐌳𐌿𐌸𐌴 𐍋𐌺 𐌱𐌹𐌲𐌴𐍄𐌾𐌰𐌿 𐌸𐌰𐍄𐌰 𐌻𐌰𐌿𐌽 𐌲𐌹𐌱𐌰𐌽 𐌰𐌻𐌻𐌹𐍃 𐌾𐌴𐍂𐌹𐍃
duþe ik bigetjau þata laun giban allis jeris
damit ich den Preis gewinne, der jedes Jahr
𐌸𐌰𐌼𐌼𐌰 𐌼𐌰𐌲𐌰𐌿 𐌼𐌰𐌹𐍃𐍄 𐌺𐌿𐌽𐌽𐌰𐌽𐌳𐌹𐌽 𐌱𐌹 𐌸𐌿𐌺𐍅𐌳𐌹𐌳𐌾𐌰,
þamma magau maist kunnandin bi Þukydidja,
dem Jungen gegeben wird, der Thukydides am besten kennt,
𐌾𐌰𐌷 𐌷𐌹𐍄𐌰 𐌰𐌽𐌰𐌼𐌴𐌻𐌹𐌳𐌰 𐍋𐌽 𐌱𐍉𐌺𐍉𐍃 𐌼𐌴𐌹𐌽𐍉𐍃
jah hita anamelida in bokos meinos
und dies schrieb ich in meine Bücher
𐌸𐌰𐌼𐌼𐌰 𐍄𐍅𐌰𐌻𐌹𐍆𐍄𐌹𐌽 𐌸𐌹𐍃 𐍃𐌰𐌹𐌷𐍃𐍄𐌹𐌽𐍃
þamma twaliftin þis saihstins
den zwölften [Tag] des sechsten [Monats],
𐌰𐍆𐌰𐍂𐌸𐌹𐌶𐌴𐌹 𐍋𐌺 𐌾𐌿 𐍆𐍂𐌿𐌼𐌹𐌽𐍃 𐌸𐌰𐌹𐍂𐌷𐌻𐌴𐍃𐌾𐌰𐌿
afarþizei ik ju frumins þairhlesjau
nachdem ich schon ein erstes Mal
𐌰𐌻𐌻𐌰 𐌸𐍉 𐍅𐌰𐌿𐍂𐌳𐌰 𐌲𐌻𐌰𐌲𐌲𐍅𐌿𐌱𐌰.
alla þo waurda glaggwuba.
alle Wörter aufmerksam durchgelesen hatte.

Kommentar
Diesen Text kennt man durch einen Brief an Zillah Sherring, den Tolkien 1965 schrieb (Nr. 272 in Humphrey Carpenters Herausgabe). Sie hatte merkwürdige Inschriften auf einem Exemplar des fünften Buches von Thukydides Geschichte des Peloponnesischen Krieges gefunden, das sie in Salisbury aus zweiter Hand gekauft hatte. Nachdem sie Tolkiens Namen auf dem Deckblatt eingesehen hatte, schrieb sie ihm und fragte, ob die Inschriften aus seiner Hand stammen müssen, besonders die längste auf dem Buchrücken, die sie ihm transkribiert sendete. Hier bilden wir sie mit Tolkiens eigenen Übersetzung nach, ohne die Makra auf den Wörtern þō, þūsundi und Þūkydidja. Die Philologen verwenden manchmal das Makron, um lange Vokale des Gotischen zu zeigen, aber es entspricht gar nichts in Wulfilas Schreibung. Tolkien gebrauchte es hier inkonsequent, da die meisten langen Vokalen des Textes noch ohne Makron bleiben.

Tolkien entdeckte die gotische Sprache durch A Primer of the Gothic Language von Joseph Wright und begeisterte sich sofort dafür. Im Jahre 1910 fiel sie ihm immer noch schwer und seine Gotischversuche waren mehrmals fehlerhaft. Er kommentierte einige dieser Fehler in seinem Brief von 1965: hundai sollte hunda und frumins wahrscheinlich frumist sein. Er fand auch den Numerus des Wortes boka seltsam und schlug vor, þizo boko „dieser Bücher“ sollte eher þizos bokos „dieses Buches“ und in bokos meinos „in meine Bücher“ eher in meina boka „in mein Buch“ sein. Es ist aber zu bemerken, dass das gotische Wort boka „Buchstabe“ auch mit der Bedeutung „Schrift, Dokument“ belegt ist... und kann sogar „Buch“ bedeuten, aber nur fest im Plural (das heißt grammatisch ein Pluraletantum), genau wie litteræ auf Latein und γράμματα auf Griechisch wörtlich „Buchstaben“, übertragen „ein Brief“ bedeuten. Vieilleicht erinnerte sich Tolkien an dieses Detail im Jahre 1910, als er die Sprache gerade lernte, aber missachtete es im Jahre 1965, als er Zillah Sherring antwortete!

Im Großen und Ganzen schätzte Tolkien im Jahr 1965 seine Jugendbemühung nur kaum, und nannte es „Gotisch, oder wovon ich damals dachte, dass es Gotisch sei oder sein könnte“ und sogar „schlechtes Gotisch“.

Die Aussprache der Grapheme ai und au ist umstritten; einige Gelehrten nehmen an, dass sie offene Varianten von e und o (kurz oder lang) überall angeben, während andere denken, dass sie nach etymologischen Kriterien manchmal diese Laute und manchmal Diphthonge angeben. Hier sind wir dem ersten Standpunkt gefolgt.

Der Text wird ins von Wulfila erfundene gotische Alphabet umgeschrieben. Wir haben die Schriftart Analecta von George Douros verwandt.  Modus in Glaemscribe öffnen

Quellenangabe
Tolkien, John Ronald Reuel. The Letters of J. R. R. Tolkien. Selection edited by Humphrey Carpenter with assistance by Christopher Tolkien. London: HarperCollins, 2006. 480 p. ISBN 0-261-10265-6.
Tolkien, John Ronald Reuel. Briefe. Auswahl und Herausgabe von Humphrey Carpenter mit der Hilfe von Christopher Tolkien. Übersetzung von Wolfgang Krege. Stuttgart: Klett-Cotta, 2002. 602 S. ISBN 3-608-93650-5.
Lehmann, Winifred P[hilipp]. A Gothic Etymological Dictionary: based on the third edition of “Vergleichendes Wörterbuch der Gotischen Sprache” by Sigmund Feist. Leiden: Brill, 1986. XVII-712 p. ISBN 90-04-08176-3.

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Letzte Aktualisierung der Website: 22. September 2022. Kontakt: